8 Geld-Prinzipien, die ich meinem 15-jährigen Ich sagen würde
Erschienen im Standard, am 18. September 2022
Kunden fragen mich oft nach Ideen, wie sie ihren Kindern helfen können, für die Zukunft zu sparen. Während ein Sparschwein für die Portokasse praktisch sein kann, gibt es bessere Optionen, um größere Geldbeträge sinnvoll zu nutzen.
Einer verlorenen Generation beim Anlegen helfen
In der heutigen Zeit ein Buch über und des Geldes wegen zu schreiben ist wenig sinnvoll. Es ist viel Arbeit und sobald alle ihren Anteil haben, bleibt für die Vergütung im wettbewerbsintensiven Bereich des Finanzverlagswesens wenig übrig. Für viele von uns, die es tun, ist die größte Belohnung die Dankbarkeit, die wir von den Lesern erhalten. In den Schreiben der Leser frage ich mich immer wieder, warum so viele junge Menschen „verloren“ sind, wenn es darum geht, ihre Finanzen zu ordnen, zu sparen und anzulegen. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Gründen.
Menschen in ihren 20ern und 30ern haben außer Sparen und Investieren noch viele andere Dinge, die sie mit ihrem Geld machen können. Viele haben kämpfen während Ihrer Ausbildung mit finanziellen Nöten und vielen macht die Wohnsituation zu schaffen. Dann gibt es Gruppenzwang und soziale Medien. Jugendliche achten sehr genau darauf, was ihre Altersgenossen tun. Sie sehen, wie andere mit Bitcoin oder Penny Stocks schnell Geld verdienen und sie versuchen, das Gleiche selbst zu tun (in der Hoffnung auf das schnelle Geld). Die meisten haben keine Ahnung, wie sehr die Chancen gegen sie stehen.
Leider ist die Anlagebranche oft eher hinderlich als hilfreich und von kommerziellem Eigennutz getrieben. Socialtrading, Kryptowährungen, geschlossene Fonds und andere risikoreiche Anlageformen, werden an Orten wie Fußballplätzen und sozialen Medien, die von jungen Leuten frequentiert werden, stark beworben. Ich spreche auch von einigen der größten Namen im Finanzdienstleistungsbereich, darunter Direct-to-Consumer-Anlageplattformen, welche oftmals auf Kosten der Anleger profitieren. Einige dieser großen Finanzmarken sprechen ein gutes Spiel über die Aufklärung von Anlegern, aber ihre Handlungen erzählen eine andere Geschichte. Unter dem Strich haben sie ein kommerzielles Interesse daran, Menschen dazu zu bringen, ihre Plattform und nicht die von jemand anderem zu nutzen. Sie wissen, dass Verbraucher von risikoreichen Anlageformen im Lotterie- bzw. Casino-Stil angezogen werden, und tun daher nur sehr wenig, um sie davon abzuhalten.
Deshalb verführen sie Verbraucher beispielsweise ständig mit „ködernden“-Artikeln zu Kryptowährungen oder zu bestimmten Aktien, Sektoren oder Ländern.
Der Investmentjournalismus trägt nicht minder zu waghalsigen Anlageformen bei – wenngleich sich das Niveau der Berichterstattung in manchen Medien zum Besseren gewendet hat. Vor allem jüngere, kritische Journalisten stehen Aussagen von Marktanalysten und Investmentmanagern zunehmend skeptisch gegenüber. Das perfide Problem an der Sache ist jedoch, dass vernünftiges Anlegen und Investieren ehrlich gesagt nicht aufregend ist. Die Medien „schreien“ jedoch nach Quoten, Zusehern und Hören und haben somit immer noch einen Hang zu Trends und Modeerscheinungen, welche die mitunter neusten, waghalsigsten Produkte und Anlageideen einschließen. Für den unerfahrenen jungen Anleger ist dies jedoch auf den ersten Blick kaum zu erkennen.
Prinzipien die helfen
Mit 10 Jahren bekam ich meinen ersten mager bezahlten Job. Ich musste Christbäume an Menschen verkaufen. Der Job war nicht befriedigend, aber das erstmalig verdiente Geld war für einen 10-Jährigen eine große Sache. Da ich bei meinen Eltern lebte, hatte ich keine Ausgaben. Das war also Geld, das ich ausgeben oder sparen konnte. Und wie die meisten Menschen in diesem Alter habe ich offensichtlich Ersteres getan. Ich wusste es nicht besser, lernte im Lauf der Jahre jedoch immer mehr über Verhalten, Ausgabegewohnheiten und Geld. Wenn ich zurückgehen und mir selbst einige Finanzlektionen beibringen könnte, hätte ich meine finanzielle Denkweise viel früher geändert. Hier ist, was ich mir sagen würde.
- Materielle Umstände spielen keine Rolle. Ich habe sowohl in einfachsten Wohnungen als auch in schönen Häusern gelebt. Aber ich kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass ich mit irgendetwas davon glücklicher wäre. Vielmehr ist Zeit wertvoller als Geld. Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre ich lieber Backpacker, der mit wenig Geld die Welt erkundet, als ein Großverdiener, der einen Job hat und keinen Spaß macht.
- Geld bringt Freiheit. Überlegen Sie sich zweimal, bevor Sie Geld ausgeben, denn jedes Mal, wenn Sie etwas kaufen, geben Sie ein bisschen Freiheit und Zeit dafür auf. Je mehr Geld Sie haben, desto mehr Freiheit haben Sie für die Arbeit, die Ihnen Spaß macht und irgendwann kommt der Zeitpunkt erst gar nicht mehr für Geld zu arbeiten. Aber nur, wenn Sie heute nicht Ihr ganzes Geld ausgeben.
- Je mehr du lernst, desto mehr verdienst du. Hier geht es nicht um Abschlüsse, denn das bedeutet nicht immer, dass Sie mehr verdienen. Ja, im Internet-Zeitalter sind Lesen und Schreiben sehr wichtig. Und was Mathe betrifft: Sie können keinen Deal machen, ohne die Zahlen zu kennen – und die meisten Menschen wollen zumindest einen fairen Deal machen.
- Beginnen Sie früh mit dem Investieren. Menschen, welche heute 65 sind, haben eine gute Chance 80 (an die 70 Prozent) oder 90 Jahre (an die 30 Prozent) alt zu werden. Deshalb sollten Anlegern früh sparen und zu investieren beginnen. Beginnen Sie mit dem Investieren nur 10 Jahre später, mit 10.000 Euro und einer Rendite von 6 Prozent, so haben Sie nach 35 Jahren um 242.000 Euro weniger, als jemand der 10 Jahre früher mit demselben Startkapital begann und eine Rendite von 8 Prozent erzielte.
- Seien Sie großzügig. Halten Sie nicht Ihr ganzes Geld fest, da Ihnen ansonsten etwas vor den Karren gespannt wird, nur um es dann doch nicht zu bekommen. Wenn Sie etwas von Ihrem Vermögen teilen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, tun Sie Gutes, aber man lernt auch, sich nicht an Geld zu klammern. Früher oder später müssen wir alle loslassen und so wird es uns ohnehin nie wirklich gehören. Räumen Sie großzügigen Verhaltensweisen im Umgang mit Geld daher entsprechenden Raum ein. Dabei gilt: Jener mit wenig Besitz, der wenig gibt, kann großzügiger als ein wohlhabender Mensch sein, der noch so viel von seinen Besitztümern gibt.
- Geld ist ein wiederkehrendes Mittel zum Zweck. Wir alle machen irgendwann unliebsame Erfahrungen mit Geld. Sei es durch eine unnötige oder schlechte Investition (-sentscheidung), einen dummen Kauf, Ponzi-Systeme, falsche Veranlagungen, einen Plan, schnell wohlhabend zu werden oder unaufrichtige Geschäftspartner. Ein Verlust ist immer schwer zu verkraften, jedoch soll dadurch nicht Ihr Vertrauen in andere Menschen oder die Welt verloren gehen. Wenn Sie Ihren Charakter oder Ihre Seele verlieren, können Sie diese nie wirklich mehr zurückkommen – bei Vermögenswerten ist dies anders.
- Sparen Sie für zukünftige Ausgaben und mehr, wenn Sie mehr verdienen. Wenn Sie während Ihrer Ausbildungszeit 20 Euro pro Monat gespart haben, bedeutet das nicht, dass Sie in den folgenden Jahrzehnten immer den gleichen Betrag sparen sollten. Tendenziell geben Menschen mehr aus, wenn Sie mehr verdienen. Sparen Sie einfach so viel wie möglich und veranlagen Sie nach Ihrer individuellen Situation. Wenn Sie ein finanzielles Polster haben, fühlen Sie sich wohler. Arbeitsplatzverlust oder unvorhergesehene Ausgaben für Haushalt oder Gesundheit sind so besser zu verkraften.
- Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken über Ihren Ruhestand. Menschen sind häufig damit beschäftigt sich Sorgen zu machen, einen guten Eindruck zu schinden oder sich zu bemühen. Rückblickend sind jedoch all unsere Sorgen – soweit wir uns überhaupt noch an sie erinnern können – eine gewaltige Verschwendung mentaler Energie. Ziele, für die wir uns mühten, haben dann weniger Bedeutung als geglaubt. Ihre besten Einkommensjahre liegen wahrscheinlich in den Vierzigern und Fünfzigern. Wenn Sie also noch nicht in Ihren besten Karrierejahren sind, machen Sie sich nicht fertig. Wenn Sie jetzt die Arbeit machen und sich immer weiter verbessern, wird später mehr Geld folgen.
Simpel aber nicht einfach
Alle oben genannten Geldprinzipien mögen offensichtlich klingen, aber es ist nicht offensichtlich oder einfach, nach dem zu leben, was Sie wissen. Was zählt, ist, dass Sie diese Dinge ausführen – auch wenn es nur ein oder zwei Dinge sind. Jedes bisschen hilft. Tatsächlich sind es diese kleinen Dinge, die Ihnen in den kommenden Jahrzehnten helfen werden.