Vermögensberater und Finanzberater und welche man vermeiden sollte (am Beispiel von Bernie Madoff)

Erschienen im Standard, am 23. Mai 2022

Ohne Frage stellt der Skandal rund um Bernie Madoff eines der größten Ponzi-Systeme dar, das es je gegeben hat. Bei Ponzi-Systemen handelt es sich um eine Betrugsmasche, bei welcher die Anzahl der Teilnehmer überdurchschnittlich steigen muss, um nicht zu kollabieren. Mit den Beiträgen neuer Teilnehmer werden die Gewinnausschüttungen der bestehenden Teilnehmer gedeckt.

Bei Bernie Madoff handelte es sich um einen Anlagebetrüger, der mit solch einem System erheblichen Schaden für seine Klienten verursachte. Die meisten Anleger prüften das Unternehmen Madoff‘s nicht, bevor sie mit ihm investierten. Davon blieben auch internationale und österreichische Institute nicht verschont, die ebenso involviert waren. Bei Ponzi-Systemen werden zumeist Auszahlungen an bestehende Kunden durch neue Kundengelder getätigt. Im Zuge der Finanzkrise von 2008 kamen die Machenschaften von Madoff ans Licht und Millionen von Kundengeldern konnten nie wieder an die berechtigten Eigentümer zurückgezahlt werden. So unliebsam diese Entwicklungen für die Leidtragenden auch gewesen sind, so hielten sie einige lehrreiche Lektionen parat.

Lektionen für die Anleger und Investoren

Es sind einige Vorkehrungen zu treffen, dass Anleger nicht selbst Opfer dieser Ponzi-Systeme werden. Eine dieser Lektion ist, dass stets die Verwaltungsebene, auf der die Anlageentscheidungen fallen, strikt von der Verwahrungsebene getrennt werden sollte. Gegen diesen Trennungsgrundsatz wurde im Falle des Bernie Madoff verstoßen – sehr zum Leidwesen seiner Anleger und Investoren. Wohlhabende Kunden aber auch Stiftungen wurden um ihr Erspartes gebracht. Anders als man glauben möge, sind solche Machenschaften (Ponzi-Systeme) gar nicht so selten anzutreffen. Umso wichtiger ist es entsprechende Kontrollen diesbezüglich durchzuführen.

Auf den ersten Blick machte das Unternehmen von Madoff einen seriösen Eindruck, galt er doch als aufrichtiger Manager, der Chef der NASDAQ Börse war und auch stets Spenden für wohltätige Zwecke zur Verfügung stellte, um das Vertrauen von Menschen zu gewinnen. Allgemein ist anzumerken, dass diese Ponzi-Systeme häufig in Kreisen anzutreffen sind, in welchen sich dieselben ethischen Gruppen oder ähnliche soziale oder religiöse Hintergründe finden. Eine enge Zuneigung oder Verbundenheit zu einer bestimmten Gruppe soll folglich kritische Kontrollen oder besondere Aufmerksamkeit unterwandern. Dies machte sich Bernie Madoff zunutze. Bei genauerem Hinsehen wäre aufgefallen, dass, aufgrund von bereits erläuterten Sachverhalten, etwas nicht stimmen konnte. Dabei war dies gar nicht so schwer: (1) Einige Jahre vor Auffliegen der dubiosen Geschäfte, meldete sich jemand bei der US-Börsenaufsichtsbehörde und wies auf Missstände hin. Ein Whistleblower übersendete der Aufsicht einen mehrere Seiten starken Bericht. Aufgrund der Größe des Unternehmens von Bernie Madoff hätten auch massive Transaktionen an den Börsen stattfinden sollen, das war aber nicht der Fall. Keiner wusste wer auf der anderen Seite seiner Transaktionen stand. Es konnte jedoch auch die Aufsicht nicht glauben, dass solch eine prominente Persönlichkeit wie Madoff eine Firma derart in den Sand setzen würde. (2) Ein weiterer Faktor waren seine konsistenten Renditen, nahezu ohne Abschwünge. So erzielte Bernie Madoff’s Vermögensverwaltungsfirma stetig konstante Renditen, unabhängig ob der Markt in seiner Gesamtheit gestiegen oder gefallen ist. Seine Resultate hätten nur erzielt werden können, wenn man genau zum Tief gekauft und zum Hoch verkauft hätte. Dies wäre jedoch beispiellos in der Finanzwelt gewesen. Taktische Strategien, Absolute-Return-Strategien (diesbezüglich gibt es eine Vielzahl von Begrifflichkeiten) oder kontinuierliche Renditen mit geringer Volatilität (wie im Falle Madoffs, zehn Prozent pro Jahr nahezu ohne Schwankungen) mögen sich gut verkaufen, aber langfristig können sie Anlegern mehr Schaden als Nutzen erbringen. (3) Ebenso hätten genauere Kontrollen zutage gebracht, dass seine Fonds lediglich mangelhaft externen Überprüfungen unterzogen wurden. So wurden diese Agenden an Familienangehörige von Madoff ausgelagert (seine beiden Söhne waren in seinem Unternehmen tätig, wobei einer in der Folge Selbstmord beging) und auch die verpflichtende Prüfung durch eine Prüfungsgesellschaft wies Unvollkommenheiten auf. Obwohl die Gesellschaft von Bernie Madoff mehrere Milliarden Dollar verwaltete (oder besser, dies zumindest vorgab), wurde diese lediglich von einer kleinen Prüfungsgesellschaft geprüft und nicht von einer etablierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. (4) Einer der wichtigsten Punkte jedoch, wo man hätte stutzig werden sollen, betrifft die bereits erläuterte Tatsache, dass die Verwaltungsebene, auf der die Anlageentscheidungen fielen, nicht von der Verwahrungsebene getrennt war. Dieses Trennungsprinzip gilt es stets zu beachten, sollen unliebsame Überraschungen vermieden werden. Eine einfache Überprüfung hätte ergeben, dass es sich um ein Ponzi-Schema (manchmal auch als Schneeballsystem bezeichnet) handelt und Anleger und Investoren auf betrügerische Weise geschädigt werden. Sein Unternehmen legte die Fonds so auf, sodass Management, die Verwaltung und Verwahrung des gesamten Vermögens bei ein und derselben Person lag. Der Manager (Madoff) verfügte folglich ohne jede Kontrolle gänzlich über das Vermögen. Gegenseitige Kontrollen entfallen dadurch, weshalb die gewählte Konstellation anfällig für Betrug ist. Erst deshalb konnte es zu risikoerhöhenden Umständen und betrügerischen Malversationen für die nun geschädigten Anleger und Investoren kommen.

Finanzinstitutionen rochen den „stinkenden Fisch“

Bei Bernie Madoffs Fall ist es auch erstaunlich, wie viele renommierte Institutionen (auch österreichische Finanzinstitutionen) involviert waren (entweder direkt oder indirekt). Eine Reihe von den Bankern war sich der Risiken bewusst, manche setzten Bernie Madoff gar auf eine schwarze Liste oder verboten es mit ihm zu handeln. Dies stand auch damit in Verbindung, da Bernie Madoff es gänzlich unterließ, jeglichen Sorgfaltspflichten und Due-Diligence-Prüfungen nachzukommen. Und obwohl einige Banken es nicht erlaubten selbst in die Fonds zu investieren, ließen sie es über Umwegen (durch sogenannte „Feeder Funds“) für ihre Kunden zu.  So hatten die Banken selbst keine Risiken zu tragen (obwohl sie um die Risiken Madoffs Bescheid wussten), konnten Kunden Madoffs Fonds verkaufen und lagerten ihre Risiken quasi aus. Sehr zum Leidwesen ihrer Klienten, wie sich später offenbaren sollte….