Nicht zur Ruhe setzen
Ich treffe oft Menschen, die mehr als genug gespart haben, um in den Ruhestand zu gehen. In meiner Rolle als Finanzplaner teile ich ihnen Zahlen mit, die zeigen, dass sie ihre Ersparnisse mit hoher Sicherheit nie aufbrauchen werden, wenn sie heute in Rente gehen. Ich sage ihnen oft, dass, wenn ihnen das Geld ausgeht, das am Scheitern des Kapitalismus liegt und wir alle genauso gut das Jagen und Sammeln lernen könnten.
Studien zeigen, dass das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei den Frauen bei 60,1 Jahren und bei den Männern bei 62,1 Jahren ist. Die Differenz betrug damit insgesamt 2,0 Jahre. Bei den Alterspensionen lag das Zugangsalter der Frauen mit 60,7 Jahren um 2,6 Jahre unter jenem der Männer mit 63,3 Jahren. Dennoch gehen nur wenige dieser Menschen wirklich in den Ruhestand.
So haben von den rund 1,9 Millionen Beziehern einer Alterspension derzeit etwa 56.000 einen Verdienst über der Geringfügigkeitsgrenze. Inklusive Beamte erhöht sich die Zahl auf 60.000.
Wenn man Menschen fragt, warum sie weiter arbeiten, fällt es ihnen oft schwer, den Grund dafür herauszufinden. Dennoch versuche ich mein Bestes herauszufinden, warum. Jeder ist anders.
Meiner Erfahrung nach möchten manche Menschen einfach nützlich sein. Viele von uns möchten sich gebraucht, produktiv und wichtig fühlen. Das ist bei meinem Onkel auf jeden Fall der Fall. Ich bin mir nicht sicher, ob er den Ruhestand sehr genießen würde. Er liebt es, mit Kunden zusammenzuarbeiten, einen Auftrag zu erledigen und einen harten Arbeitstag zu leisten. Meiner Meinung nach sollten Leute wie meinen Onkel weiter arbeiten, wenn sie das wollen. Eine gesunde Lebensbalance zu wahren und gleichzeitig die Belohnungen harter Arbeit zu genießen, sind gute Gründe, weiter zu arbeiten.
Andere werden mir sagen, dass sie nicht wissen, was sie mit sich anfangen würden, wenn sie im Ruhestand wären. Ich glaube, wir sollten alle danach streben, uns in etwas zurückzuziehen. Hier sind Hobbys sinnvoll. Ich ermutige Klienten, sich an die Aktivitäten zu erinnern, die sie früher total spannend fanden. Wir reden über Dinge wie Zeichnen, Angeln, Schreiben, Musizieren, Lesen, Holzarbeiten, Golfen, Malen, Gartenarbeit, Jagen, Reisen, Spazierengehen oder einfach mehr Zeit mit den Liebsten verbringen.
Für andere Menschen ist es die allzu häufige Unfähigkeit zu erkennen, was „genug“ ist. Haben wir genug gespart? Haben wir genug erreicht? Dieses Konzept erinnert mich an die Geschichte vom Geschäftsmann und dem Fischer.
In seinem jährlichen Urlaub entdeckt der Geschäftsmann einen Fischer mittleren Alters, der nach einem halben Tag sein Boot anlegt und sich dann auf den Weg zu einer Gruppe von Familienmitgliedern und Freunden macht, die Musik hören, tanzen und Wein trinken.
Der Geschäftsmann fragt ihn: „Warum sind Sie nach einem halben Tag fertig?“ Man könnte den ganzen Tag fischen, mehr Fische fangen, mehr Fische verkaufen, mehr Boote kaufen, mehr Leute einstellen und mehr Geld verdienen.“
Der Fischer antwortet: „Warum sollte ich das tun wollen?“
Der Geschäftsmann sagt: „Nach vielen Jahren harter Arbeit könnten Sie genug gespart haben, um in den Ruhestand zu gehen, und dann Ihre Tage damit verbringen, zum Vergnügen zu angeln, mit Familie und Freunden Musik zu hören, zu tanzen und Wein zu trinken.“
Der Fischer war verwirrt. „Ist das nicht das, was ich jetzt mache?“
Manche von uns verbringen ihr ganzes Leben damit, nie genug zu definieren. Das ist ein Fehler. Mein Rat: Seien Sie mehr wie der Fischer.