Später in Pension mit finanziellen Anreizen?
Erschienen im Standard, am 22.11.2021
Finanzielle Pläne für das Alter sind schwierig. Die Lebenserwartung steigt, ebenso die Sorge vor Altersarmut
Was ist eines der größten finanziellen Risiken im Ruhestand? Einfach gesagt, Sie möchten nicht, dass Ihnen das Geld vor der Puste ausgeht. Darin liegt das große Ungewisse: Sie wissen nicht, wie lange Ihre Ersparnisse reichen. Nicht zuletzt deshalb ein gesellschaftspolitischer Dauerbrenner. Um das Problem besser in den Griff zu bekommen, vergessen Sie die Lebenserwartung bei Ihrer Geburt. Diese wird von all den Menschen beeinflusst, die vor der Erreichung des Rentenalters sterben. Stattdessen ist es besser die Lebenserwartung ab 65 Jahren in Betracht zu ziehen.
Für ein langes Leben planen
Jeder kennt den Spruch: Jeden Tag so zu leben, als wäre es der letzte. Besser ist es, jeden Tag so zu leben, als wäre es der letzte – jedoch mit einem wachsamen Auge dafür, dass es vielleicht nicht der letzte Tag ist. Gemeinhin ist es besser, Ersparnisse zu haben, da wir oft länger leben, als wir denken. Dank einer gesünderen Lebensweise und den Fortschritten in der Medizin, leben Menschen länger. Wie Ärzte es gerne ausdrücken, ist der durchschnittliche Österreicher mit 80 heute so gesund wie der durchschnittliche Österreicher mit 60 in den 1950er-Jahren.
Menschen, die heute 65 sind, haben eine gute Chance 80 (an die 70 Prozent) oder 90 Jahre (an die 30 Prozent) alt zu werden. Ein Grund, warum es gilt, für die Zukunft zu planen. Deshalb sollten Anleger früh zu sparen beginnen, diszipliniert investieren und einen Plan für ihre Zukunft haben. Noch mehr als die zuvor genannten Zahlen mag überraschen, dass ein heute 65-jähriges Ehepaar eine Wahrscheinlichkeit von 51 Prozent hat, dass zumindest einer von ihnen noch weitere 25 Jahre leben und das stolze Alter von 90 Jahren erreichen wird. Leider hat diese hohe Lebenserwartung auch dunkle Seiten. Wir müssen für teure medizinische Leistungen, Pflege und Medikamente bezahlen, die diesem Fortschritt zugrunde liegen.
Später in Pension mit finanziellen Anreizen
Eine Antwort auf diese Realität wäre, 65 zu überdenken. Die Zahl 65 geht dabei auf geschichtliche Entwicklungen zurück. Otto von Bismarck wollte, wie er in seinen Memoiren schreibt, die arbeitende Klasse gewinnen und der wachsenden Popularität des Marxismus entgegentreten. Dabei wurde anfänglich das Pensionsalter auf 70 gesetzt und das bei einer Lebenserwartung von 40 Jahren. 1916 wurde der Pensionsantritt dann auf 65 Jahren herabgesetzt.
Aber das war vor mehr als einem Jahrhundert, und wir leben jetzt viel länger. Sollten wir weiterhin 65 Jahre als das richtige Alter für den Ruhestand verwenden? Wenn wir ein ähnliches Gleichgewicht zwischen unseren Arbeitsjahren und Pensionsjahren wie in den 1930er-Jahren herstellen wollen, würden wir das Pensionsantrittsalter von 65 auf über 70 Jahre verschieben müssen. Um das tatsächliche Antrittsalter anzuheben wurden Anreize geschaffen und deshalb kehren wir nun zu dieser entscheidenden finanziellen Entscheidung zurück.
Wenn Sie freiwillig später in Pension gehen möchten und das Regelpensionsalter bereits erreicht haben, so können Sie das auch tun. Dafür bekommen Sie später eine höhere Pension. Dieser Bonus beträgt pro Jahr 4,2 Prozent mehr an Alterspension. Dies ist maximal für drei Jahre möglich. Ein weiterer Vorteil ist, dass Arbeitnehmer ein höheres Nettogehalt bekommen, da Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber nur noch die Hälfte der Beiträge einzahlen müssen. Darüber hinaus kann bei der einer Alterspension unbegrenzt dazuverdient werden. Geht man jedoch vor dem Regelpensionsalter in den Ruhestand, kann es bei einer Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze zum Pensionswegfall kommen.
Länger arbeiten?
Neben diesen Anreizen ist für die Entscheidung, ob man länger arbeitet oder in den Ruhestand geht, vor allem die Lebenserwartung von Bedeutung. Diese kann jedoch niemand genau prognostizieren. Geringverdiener streben deshalb häufig in den vorzeitigen Ruhestand, da sie die Differenz zwischen derzeitigem Gehalt und Pension nicht so stark spüren wie Arbeitnehmer, die ein besseres Gehalt beziehen.
Wann wir den Ruhestand antreten, ist möglicherweise die wichtigste finanzielle Entscheidung, die die meisten Arbeitnehmer jemals treffen werden. Die meisten Menschen verstehen jedoch diese Entscheidung nicht richtig oder wissen nicht, welcher Kurs für sie am besten geeignet ist. Die Fehler betreffend der staatlichen privaten Pensionsvorsorge, oder die Rückabwicklung von Lebensversicherungen aufgrund mangelnder Erträge, bringen dies zum eindringlich zum Ausdruck. (Bernhard Führer, 22.11.2021)