Dividenden genießen ohne Steuerfrust: Ein Leitfaden für österreichische Anleger

Kapitalerträge aus Wertpapieren sind in Österreich generell steuerpflichtig. Besonders bei Einkünften aus dem Ausland ist es wichtig, übermäßige Abgaben zu vermeiden. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die steuerlichen Herausforderungen und Möglichkeiten für österreichische Anleger, um ihre Dividenden optimal zu nutzen.

Die Steuerlandschaft für Dividenden

In den USA beispielsweise beträgt die Steuer auf Dividenden nur 15 Prozent, während in Österreich die Kapitalertragsteuer (KESt) bei 27,5 Prozent liegt. Trotz politischer Krisen und wirtschaftlicher Herausforderungen haben viele Unternehmen im letzten Jahr hohe Gewinne erzielt, was zu einer globalen Dividendenzahlung von 1,63 Billionen Dollar geführt hat. Diese Zahl könnte in diesem Jahr noch steigen.

Doch trotz dieser positiven Nachrichten bleibt das Dividendenvergnügen oft getrübt – der Grund sind die Steuern. Kapitalerträge, darunter Dividenden, Zinserträge aus Anleihen, Investmentfonds und Immobilienfonds sowie Gewinne aus dem Verkauf von Aktien oder Fondsanteilen, unterliegen sowohl im Inland als auch im Ausland unterschiedlichen Steuersätzen.

Steuerliche Herausforderungen und Lösungen

Für österreichische Anleger ist es wichtig, die steuerlichen Vorschriften zu verstehen, um übermäßige Steuerbelastungen zu vermeiden. Besonders bei ausländischen Erträgen, wie der Quellensteuer, ist Vorsicht geboten. Die österreichische Politik hat in den letzten Jahren durch Maßnahmen wie die Erhöhung der KESt auf 27,5 Prozent und die Abschaffung der einjährigen Behaltefrist, weitere Maßnahmen ergriffen, um Budgetlöcher zu stopfen.

Derzeit gilt, dass die KESt nur für Aktien und Fondsanteile fällig wird, die nach dem 1. Januar 2011 erworben wurden. Für Anleihen, Zertifikate und Derivate ist der Stichtag der 1. April 2012. Wertpapiere, die vor diesen Daten gekauft wurden, sind als Altbestand von der KESt befreit.

Umgang mit ausländischen Dividenden

Hat man ausländische Wertpapiere im Portfolio, wird die Steuer, in diesem Fall die Quellensteuer, direkt im jeweiligen Land abgezogen. Zusätzlich erhebt Österreich die 27,5-prozentige KESt. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, kann man sich in vielen Ländern die ausländische Quellensteuer teilweise zurückerstatten lassen. Grundlage dafür sind Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die Österreich mit zahlreichen Staaten abgeschlossen hat.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei einer ausländischen Quellensteuer von 15 Prozent die verbleibende Differenz zur KESt von 27,5 Prozent, also 12,5 Prozent, gezahlt werden muss. Bei Dividenden aus US-amerikanischen Aktien, die mit 15 Prozent besteuert werden, bleibt die Gesamtsteuerbelastung somit bei 27,5 Prozent.

Komplizierte Rückerstattungsverfahren

Höher wird die Steuerbelastung jedoch in Ländern wie Deutschland oder der Schweiz, wo die Quellensteuersätze über den anrechenbaren 15 Prozent liegen. Hier beträgt die Gesamtsteuerbelastung oft deutlich mehr als 27,5 Prozent. Die Differenz kann zwar zurückgefordert werden, doch das Verfahren ist oft aufwendig und kostspielig.
Nehmen wir zwei Beispiele: Bei Schweizer Aktien sieht die Situation wie folgt aus: Die Schweiz erhebt zunächst 35% Quellensteuer. In Österreich fallen zusätzlich 27,5% Kapitalertragsteuer (KESt) an. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den beiden Ländern erlaubt es, 15% der Schweizer Steuer auf die österreichische KESt anzurechnen. Dadurch reduziert sich die in Österreich zu zahlende Steuer auf 12,5%. Insgesamt werden somit 47,5% der Dividende als Steuern einbehalten (35% in der Schweiz + 12,5% in Österreich).
Bei deutschen Aktien ist die Gesamtbelastung etwas geringer: Deutschland behält 26,375% Quellensteuer ein. Auch hier können 15% auf die österreichische KESt angerechnet werden. Nach dieser Anrechnung bleiben in Österreich noch 12,5% zu zahlen. Die Gesamtsteuerbelastung für deutsche Dividenden beläuft sich somit auf 38,875% (26,375% in Deutschland + 12,5% in Österreich).

Theoretisch besteht die Möglichkeit, überschüssig gezahlte Steuern aus dem Ausland zurückzufordern – im Fall der Schweiz 20 Prozent und bei Deutschland 11,375 Prozent. In der Praxis erweist sich dieser Prozess für Privatanleger jedoch oft als wirtschaftlich unrentabel. Der Grund dafür liegt in den länderspezifischen Rückerstattungsverfahren, die sich durch ihre Komplexität und hohen Kosten auszeichnen. So muss man sich beispielsweise in Deutschland registrieren, um überhaupt einen Antrag stellen zu können. Der finanzielle Aufwand lohnt sich in der Regel nur bei höheren Rückerstattungsbeträgen. Jede Nation hat ihre eigenen bürokratischen Hürden und Vorschriften etabliert, was den Rückforderungsprozess für den durchschnittlichen Anleger zu einer zeitaufwendigen und kostspieligen Angelegenheit macht.

Strategien zur Steueroptimierung

  1. Länderauswahl: Investoren sollten bei der Aktienauswahl auch steuerliche Aspekte berücksichtigen. Länder wie die Niederlande, die USA oder Großbritannien sind aus steuerlicher Sicht oft attraktiver als beispielsweise die Schweiz oder Deutschland.
  2. Rückerstattung der Quellensteuer: Theoretisch kann man sich zu viel gezahlte Quellensteuern zurückholen. In der Praxis ist dies für Privatanleger jedoch oft unrentabel, da der bürokratische und finanzielle Aufwand den Nutzen übersteigt.
  3. Verlustverrechnung: Realisierte Verluste können im selben Kalenderjahr mit Gewinnen verrechnet werden, was die Steuerlast reduzieren kann.
  4. Altbestand nutzen: Wertpapiere, die vor dem 1.1.2011 (bzw. 1.4.2012 bei Anleihen) erworben wurden, unterliegen nicht der KESt auf Kursgewinne.

Lichtblick in der EU: Die FASTER-Richtlinie

Innerhalb der EU gibt es Bestrebungen, die Rückerstattung der Quellensteuer zu vereinfachen. Die FASTER-Richtlinie, die Mitte April vom Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) vorgeschlagen wurde, zielt darauf ab, Anträge auf Rückerstattung schneller und effizienter zu bearbeiten. Vorgesehen ist unter anderem eine standardisierte, digitale EU-Ansässigkeitsbescheinigung und beschleunigte Verfahren zur Steuerentlastung.

Bis zur Umsetzung dieser Richtlinie, die ab 1. Januar 2030 gelten soll, müssen Anleger jedoch weiterhin Geduld haben. In der Zwischenzeit können sie durch die gezielte Auswahl von Aktien mit niedrigerer Quellensteuer ihre Steuerlast optimieren. Beispielsweise erheben die Niederlande, die USA und Großbritannien keine höheren Quellensteuern als die anrechenbaren 15 Prozent, was sie zu attraktiveren Investitionszielen macht.

Fazit

Österreichische Anleger sollten sich gründlich über die steuerlichen Regelungen informieren und ihre Investments entsprechend planen, um unnötige Steuerbelastungen zu vermeiden. Durch eine gezielte Auswahl von Wertpapieren, der Berücksichtigung von Altbeständen und die Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen kann man das Beste aus seinen Dividenden herausholen. Die anstehende EU-Richtlinie könnte in Zukunft für Erleichterung sorgen, doch bis dahin ist strategisches Vorgehen gefragt. Trotz der Herausforderungen bleiben Dividenden ein wichtiger Baustein für den langfristigen Vermögensaufbau und die Altersvorsorge.

 

Quellen:

Janus Henderson (2024). Global Dividend Index, Mai 2024

Sommer, U. (2024). Welche Dividenden-Aktien unterschätzt werden, Jänner 2024

Unternehmens Portal (2024). Doppelbesteuerungsabkommen, Juli 2024

WKO (2024). Quellensteuer Schweiz, Juli 2024

Europäisches Parlament (2024). FASTER-Richtlinie, Februar 2024