Fett-weg-Spritzen: Anleger setzen auf Erfolg

Die beiden führenden Anbieter Eli Lilly und Novo Nordisk erreichen Rekordbewertungen

Die neuartigen Therapien zur Behandlung von Fettleibigkeit machen das Abnehmen einfach. Doch sie sind teuer.

Es hört sich unglaublich an, doch die beiden Pharmakonzerne Eli Lilly und Novo Nordisk haben ihren Wert innerhalb von weniger als drei Jahren mehr als verdreifacht. Ihr kombinierter Unternehmenswert – die Kennziffer setzt sich aus der Marktkapitalisierung zuzüglich der Nettoverschuldung zusammen – betrug auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie im Februar 2021 rund 360 Milliarden US-Dollar. In der Zwischenzeit ist daraus eine Billion geworden. Nach einer Erklärung für diesen rasanten Aufstieg muss man nicht lange suchen. Die beiden Unternehmen verdanken ihn ihrer führenden Stellung im Geschäft mit neuartigen Therapien zur Behandlung von Fettleibigkeit.

Die Aktien von Eli Lilly verteuerten sich allein im vergangenen Jahr um drei Viertel. Damit hat es der amerikanische Konzern geschafft, als erster Medikamentenhersteller auf eine Marktkapitalisierung von über 500 Milliarden US-Dollar zu kommen. Für den dänischen Konkurrenten Novo Nordisk ging es 2023 um 50 Prozent nach oben.

Andere Pharmakonzerne enttäuscht

Die übrigen Pharmakonzerne waren jüngst nicht annähernd so erfolgreich. Enttäuscht hat besonders Roche: Der Schweizer Pharmahersteller ist gemessen am Firmenwert auf Platz sechs zurückgefallen. Anfang 2021, als das Unternehmen vor allem wegen seiner Tests zum Nachweis von Sars-CoV-2 stark durch die Pandemie begünstigt wurde, reichte es noch für den zweiten Platz. Novartis rutschte im selben Zeitraum vom fünften auf den neunten Rang ab.

Eli Lilly und Novo Nordisk profitieren von einer Entwicklung, die Analytiker des Wertschriftenhauses Stifel als «Groß oder gar nicht» (come big or go home) umschreiben. Anleger scheinen dabei vor allem die Erfolge von Medikamentenherstellern zu würdigen, die besonders umsatzstarke Produkte hervorbringen.

Im Fall der Abnehmspritze Wegovy, die von Novo Nordisk stammt und mit demselben Wirkstoff schon länger auch zur Behandlung von Diabetes eingesetzt wird (unter dem Markennamen Ozempic), erwarten Marktbeobachter einen jährlichen Spitzenumsatz von 35 Milliarden US-Dollar. Dem Konkurrenzprodukt Zepbound von Eli Lilly, das als Mounjaro ebenfalls auch gegen Diabetes erhältlich ist, trauen sie auf mittlere Sicht sogar 50 Milliarden US-Dollar zu. Bestätigen sich die Annahmen, würden die Anbieter in beiden Fällen Absatzrekorde im Geschäft mit Pharmaprodukten brechen.

Ebenfalls deutlich, wenn auch nicht ganz so eindrucksvoll an Wert zugelegt hat der amerikanische Medikamentenhersteller Merck & Co. Sein Unternehmenswert ist in den vergangenen knapp drei Jahren um 80 Milliarden US-Dollar gestiegen. Er profitierte vorab vom Absatzerfolg seines breit anwendbaren Krebsmittels Keytruda. Im laufenden Jahr dürfte es laut Schätzungen der Marktforscher von Evaluate Pharma Merck & Co. als meistverkauftes Medikament der Welt rund 27 Milliarden US-Dollar einbringen.

Roche und Novartis haben es im Gegensatz dazu noch nie geschafft, selbst einen Umsatz von 10 Milliarden US-Dollar mit einem einzelnen Produkt zu übertreffen. Ein solcher Erfolg zeichnet sich auch künftig nicht ab. Bei Roche verspricht das Medikament Ocrevus, das gegen multiple Sklerose verabreicht wird, die höchsten Einnahmen. Doch Analysten rechnen mit maximal 8 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Novartis dürfte es mit dem Spitzenprodukt Cosentyx zur Behandlung unter anderem von Schuppenflechte auf maximal 7 Milliarden US-Dollar bringen.

Die Genussscheine von Roche verloren im vergangenen Jahr 16 Prozent an Wert. Laut den Experten von Evaluate Pharma besitzt Roche branchenweit mit 17 Medikamenten das breiteste Portfolio von Produkten, deren Umsatz mindestens eine Milliarde US-Dollar beträgt. Nach ihrer Erwartung dürfte das Unternehmen im laufenden Jahr auch von allen Anbietern rezeptpflichtiger Arzneimittel den höchsten Konzernerlös erwirtschaften, mit knappem Vorsprung auf die amerikanischen Konkurrenten J&J, Merck & Co. sowie Abbvie. Doch die breite Aufstellung scheint dem Basler Konzern zurzeit keine Lorbeeren einzutragen, im Gegenteil. Die Anleger vermissen in seinem Portfolio die ganz großen Kassenschlager.

Beliebte Mega-Blockbuster

Die amerikanischen Konkurrenten Abbvie und Johnson & Johnson (J&J) verfügen hingegen beide über ein Medikament, von dem Marktbeobachter einen jährlichen Spitzenumsatz von 20 Milliarden US-Dollar erwarten. Diese MegaBlockbuster haben ihnen ebenfalls den Weg in die Spitzengruppe der fünf wertvollsten Pharmakonzerne geebnet.