ETFs vs. aktive Fonds: Warum traditionelle Strategien dominieren
Erschienen im Standard, am 10. April 2024
Diskrepanzen und mangelndes Verständnis auf dem Fondsmarkt erklären die vorherrschenden Investmentstrategien
In der Welt der Investments stehen Anleger vor einer Vielzahl von Entscheidungen, wenn es darum geht, ihr Vermögen zu vermehren. Eine der Möglichkeiten, sein Geld anzulegen, sind Fonds, die in zwei Hauptkategorien unterteilt werden können: aktive Fonds und Exchange Traded Funds (ETFs). Trotz der Vorteile von ETFs – geringere Kosten und höhere Renditen – dominieren aktive Fonds weiterhin den österreichischen Investmentmarkt (ein beträchtlicher Teil des österreichischen Anlegerkapitals ist in aktiven Fonds gebunden). Warum ist das so?
ETFs vs. aktive Fonds
Es ist wichtig, dass Anleger ihre Optionen sorgfältig prüfen und eine Anlagestrategie wählen, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht. ETFs und aktive Fonds sind zwei verschiedene Formen von Investmentfonds, die sich in ihrer Struktur und Zielsetzung unterscheiden. ETFs bilden einen bestimmten Aktienindex nach, sind passiv verwaltet und bieten in der Regel eine Rendite, die dem Index entspricht. Die Kosten für ETFs sind im Vergleich zu aktiven Fonds niedriger, was dazu führt, dass die Rendite von ETFs oft höher ist. Darüber hinaus können einige aktive Fonds eine Erfolgsgebühr verlangen, während ETFs in der Regel keine solchen Gebühren erheben.
Demgegenüber versuchen aktive Fonds besser als der Marktdurchschnitt zu sein, indem sie in ausgewählte Wertpapiere investieren. Dies erfordert mehr Analysen und einen höheren Verwaltungsaufwand, was zu höheren Kosten führt. Eine überwältigende Mehrheit der Studien kommt jedoch zum Schluss, dass die überwiegende Anzahl aktiver Fonds schlechtere Renditen als passive Fonds erzielen.
Dennoch gibt es auch aktive Fonds, die überdurchschnittliche Renditen erzielen. Diese für den einfachen Anleger zu finden, ist wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen. Des Weiteren stehen aktive Fonds, die überdurchschnittliche Renditen erzielen, privaten Anlegern meist nicht offen.
Trotz der Vorteile von ETFs wird in Österreich ein Großteil des Vermögens in aktive Fonds investiert. Dies ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen: mangelnde Interessenübereinstimmung zwischen Verkäufern und Käufern von Anlageprodukten, Banken verdienen mehr an aktiven Fonds, passive Fonds werden Kunden gar nicht angeboten, aggressive Vertriebsstrategien, mangelnde Unabhängigkeit, das Vertrauen in Fondsmanager, der Vorzug für eine aktive Anlagestrategie oder einfach die Gewohnheit. Diese Präferenz für Bequemlichkeit und vermeintliche Sicherheit könnte die Nachfrage nach aktiven Fonds aufrechterhalten, trotz der überzeugenden Argumente zugunsten von ETFs.
Aktive und passive Fonds im Vergleich
Ein typischer aktiver Fonds, der in Österreich wie andere aktive Fonds tausendfach angeboten wird, ist der JPM Global Divid EUR. Bei einer beispielhaften Anlage von 10.000 Euro machen die Gesamtkosten nach fünf Jahren (empfohlene Haltedauer) 2.388 Euro aus. Die Kosten wirken sich jährlich mit 3,3 Prozent aus.
Ein typischer passiver Fonds, der in Österreich wie andere passive Fonds tausendfach angeboten wird, ist der Vanguard FTSE All-World UCITS ETF Accumulating. Bei einer beispielhaften Anlage von 10.000 Euro machen die Gesamtkosten nach fünf Jahren (empfohlene Haltedauer) 162 Euro aus. Die Kosten wirken sich jährlich mit 0,2 Prozent aus. Das ist ein Unterschied von 3,1 Prozent. Hinzu kommen noch die unterdurchschnittlichen Renditen (ca. ein bis drei Prozent pro Jahr), welche aktive Fonds erzielen.
Warum diese Diskrepanz bei der Annahme passiver Fonds?
Die Nachfrageelastizität ist ein Konzept aus der Wirtschaft, das beschreibt, wie empfindlich die Nachfrage nach einem Produkt auf Preisänderungen reagiert. Im Kontext von Fonds könnte eine niedrige Nachfrageelastizität darauf hindeuten, dass Anleger bei Preiserhöhungen treu bleiben und weiterhin in aktive Fonds investieren. Dies könnte erklären, warum trotz der höheren Kosten und zumeist geringeren Renditen ein Großteil des Vermögens in Österreich in aktive Fonds investiert wird. Bier beispielsweise ist ein relativ preisempfindliches Gut. Konsumenten kaufen es dann, wenn der Preis sinkt. 60 Prozent des heimischen Biers werden mittlerweile über Aktionen verkauft – Tendenz steigend.
Bei aktiven Fonds ist die Nachfrage preisunelastischer. Anleger sind hier eher bereit, hohe Gebühren zu zahlen – einerseits aufgrund des mangelnden Verständnisses (Banken bieten passive Fonds restriktiv oder erst gar nicht an, da sie daran weniger verdienen) und andererseits aufgrund des Glaubens an höhere Renditen (obwohl im langfristigen Vergleich mehr als 90 Prozent der aktiven Fonds höhere Kosten und schlechtere Renditen als passive Fonds erbringen). Verhaltensverzerrungen wie Angst und Gier sind daran schuld, dass wir falsche und irrationale Entscheidungen treffen, die dann zu geringeren Renditen führen.
Der Trend in Europa
Die Entscheidung zwischen aktiven Fonds und ETFs hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der individuellen Risikotoleranz, Anlagesumme, den Anlagezielen, der Akzeptanz von Schwankungsbreiten, den Kosten, Renditen und der Anlagestrategie. Während ETFs aufgrund ihrer geringeren Kosten und oft höheren Renditen attraktiv sein können, bevorzugen einige Anleger möglicherweise die aktive Verwaltung und die potenzielle Chance, den Markt zu schlagen, die aktive Fonds bieten (es ist jedoch ebenso mit passiven Fonds möglich, bessere Renditen als der Markt zu erzielen).
Obwohl ETFs günstiger sind und oft eine bessere Rendite bieten, liegt der Anteil der Vermögenswerte in Europa immer noch zum Großteil in aktiven Fonds. Hier lag Morningstar zufolge per Ende November 2023 ein Vermögen von rund 7,5 Billionen Euro in aktiven Fonds, während passive Fonds 2,8 Billionen Euro aufwiesen. Dennoch sind auch in Europa Tendenzen zu erkennen, dass Gelder aus aktiven Fonds abgezogen werden und in passive Fonds fließen. Dieser Trend lässt sich ebenso in Österreich erkennen. (Bernhard Führer, 10.4.2024)