Es zeigt sich, dass ein hoher Anteil an langfristigen Aktien eine gute Vermögensaufteilung im Portfolio darstellen kann, da Aktien eine der besten Vermögensklassen sind, um langfristig zu investieren. Dies deshalb, da sie indirekt die Preissteigerungen der Unternehmen einbeziehen und reale Beteiligungen an Firmen verkörpern. Das trägt wiederum dazu bei, die Kaufkraft über einen langen Zeitraum gut zu erhalten (es muss jedoch immer der jeweilige Einzelfall, Ihre Situation oder der Ihrer Familie analysiert und auf Basis dessen ein Plan erstellt werden). Sieht man sich die globalen Anlagerenditen an, ist dies aber nur die halbe Wahrheit. Daten aus 22 Ländern über mehr als ein Jahrhundert zeigen, dass der längste Zeitraum negativer Realrenditen (sprich nach Inflation) von US-Aktien 16 Jahre dauerte. Aber es waren 19 Jahre für globale Aktien (und 37 Jahre für die Welt außerhalb der USA), 22 Jahre für Großbritannien, 51 Jahre für Japan, 55 Jahre für Deutschland und 66 Jahre für Frankreich (vor Transaktionskosten – was diese Zeiträume noch weiter vergrößert). Diese ausgiebigen Zeiträume mit negativen Anlagerenditen sind viel länger, als die meisten Anleger und Investoren Geduld haben würden.
Das Klischee, Aktien seien langfristig kaum riskant, kann zunehmend kritisiert werden. Es ist immer wieder zu vernehmen, dass Sie Geld mit Wertpapieren verdienen, wenn Sie nur 5, 10 oder 20 Jahre an Aktien festhalten. Es stimmt, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, positive Renditen nach Inflation zu erzielen, gesetzt den Fall, Anleger und Investoren veranlagen tatsächlich, trotz der Hochs und Tiefs an den Märkten, langfristig in Aktien. Die Wahrscheinlichkeit von negativen Renditen ist jedoch viel höher, als die meisten Marktteilnehmer glauben. Dies deshalb, da die optimistischen Einschätzungen der langfristigen Aktienmarktrenditen von großen Finanzmärkten, wie den USA und Großbritannien, verzerrt werden. Eine erst kürzlich durchgeführte Untersuchung zeigt, dass die Aktienmärkte in 39 Industrieländern von 1841 bis 2019 außerhalb der USA und Großbritanniens sehr riskant sind, selbst wenn Sie langfristig in Wertpapiere investiert sind. So betrug der größte reale monatliche Rückgang während dieses langen Zeitraums über 90 Prozent in Deutschland, 87 Prozent in Japan, 55 Prozent in Belgien und mehr als 42 Prozent in Australien. Deutschland hatte während der Weimarer Republik mit einer Hyperinflation zu kämpfen und Japan setzte auch der Zweite Weltkrieg immens zu. Australien kämpfte hingegen nie mit extremen Schocks, verzeichnete aber dennoch enorm hohe Verlustmonate. Der real größte monatliche Rückgang in Großbritannien betrug an die 27 Prozent und knapp 30 Prozent in den USA. Zugegeben, deutlich weniger als in den zuvor erläuterten Ländern, jedoch ein Viertel seiner Kaufkraft innerhalb eines Monats zu verlieren, würde so manch hart gesottenen Anleger das Weite suchen lassen.
Das wirft die Frage auf, ob Aktien auf lange Sicht immer die beste Anlage darstellen. Diese Botschaft wird normalerweise an einzelne Anleger verkauft. Die Botschaft basiert auf folgender Theorie: Aktien sind riskanter als (Staats-) Anleihen und sollten daher eine höhere Rendite bieten (im Fachjargon die Aktienrisikoprämie), um die Anleger für höhere Risiken (Schwankungsbreiten) zu entschädigen. Und diese Botschaft scheint die meiste Zeit in der Praxis bestätigt zu werden. Aber es gibt eine wichtige Einschränkung: Ein Großteil der von Anlageberatern zitierten Daten basiert auf Amerika – einem Ausreißer (dies hängt auch damit zusammen, dass es für den US-amerikanischen Markt die längsten Kurshistorien gibt). Die USA stellte sich als die erfolgreichste Volkswirtschaft des 20. Jahrhunderts heraus, aber das war vorausschauend keinesfalls garantiert. Investoren oder Anleger aus dem Jahr 1900 hätten Deutschland möglicherweise als aufstrebende Macht auserkoren, nur um später die bittere Erfahrung zu machen, anzusehen, wie ihr Vermögen in der Hyperinflation der 1920er Jahre und im Zweiten Weltkrieg ausgelöscht wurde. Sie hätten sich vielleicht für Argentinien entschieden und auch hier ständige Enttäuschungen erlebt (mehrmaliger staatlicher Bankrott des Landes). Ferner gab es in anderen Ländern sehr lange Zeiträume, in denen Aktien negative Renditen und folglich keine großartige Investition darstellten (neben den USA und globalen Aktien ganz allgemein). Das bringt uns zurück auf die Renditen der Anlageklassen und ob Aktien langfristig Anleihen schlagen und die erwarteten Risikoprämien faktisch geliefert werden. Die folgende Abbildung zeigt die Renditen von Aktien, langfristigen Staatsanleihen und kurzfristigen Spareinlagen (Cash) über einen Zeitraum von 20 Jahren. Anleihen gewinnen gegenüber Aktien und dies vor dem Hintergrund der großen Erholung von Aktien seit 2009.
Abbildung: Unterdurchschnittliche Renditen von Aktien gegenüber anderen Anlageklassen
Quelle: Thomson Reuters; MSCI World Aktienindex, einschließlich Dividenden; langfristige Staatsanleihen (Laufzeit über 10 Jahre); 3-Monats-Dollar-Barmittel.
Die aufgezeigten unterdurchschnittlichen Renditen legen den Schluss nahe, auf die Bedeutung der Diversifikation hinzuweisen und dies erfolgt mittels eines ostasiatischen Staats im Pazifik – nämlich Japan. Die Japaner haben erst kürzlich den 30. Jahrestag ihres Börsenhochs „gefeiert“ (es ist 30 Jahre her, dass japanische Aktien zuletzt ein neues Hoch verzeichneten – der Investitionshorizont von so manchem Anleger und Investor). Stellen Sie sich die erlittenen Schmerzen japanischer Börsenteilnehmer vor, die 1989 mit Geldanlagen im japanischen Markt begonnen hatten und nach 3 Jahrzehnten immer noch kein Geld damit verdienten. Der Nikkei 225 (der japanische Leitindex und der bedeutendste Aktienindex Asiens) erreichte im Dezember 1989 ein Allzeithoch von 38.916. Heute liegt er bei rund 28.647 oder mehr als 26% unter dem Niveau von 1989. „Aber in den 1980er Jahren war der japanische Aktienmarkt vermutlich die Mutter aller Blasen“, könnte man antworten. Vielleicht. Aber was ist mit der Nasdaq-Blase Ende der 90er Jahre? Der Nasdaq Composite Index (größter Aktienindex an der NASDAQ – die größte elektronische Börse in den USA) hat zwar seinen Höchststand von über 5.100 wieder erlangt. Aber es dauerte 15 Jahre um dieses Niveau wieder zu erreichen und rechnet man die Inflation hinzu, erstreckt sich dieses Zeitfenster noch weit länger.
Neben diesen leidvollen Bärenmärkten zeigt die Erfahrung, dass Kriege für die Aktienmärkte desaströse und schädliche Charakterzüge annehmen, vor allem wenn diese auf dem jeweiligen Heimatgebiet geführt werden. Die Tatsache, dass die USA und Großbritannien im letzten Jahrhundert von keinem Krieg zerstört wurden, hat diesen Volkswirtschaften und deren Finanz- und Kapital-märkten augenscheinlich einen Vorteil verschafft. Beständige politische Systeme, Rechtsstaatlichkeit, eine ordentliche Geldpolitik, welche weder deflationäre noch inflationäre Tendenzen auslöst und ein wirtschaftsfreundliches stabiles Umfeld trugen zum Erfolg dieser Länder jedoch ebenso bei. Die Ver-gangenheit lehrt, dass die aufgezeigten fundamentalen Bestandteile funktionierender Marktwirtschaften relativ schnell verloren gehen können und sollten daher von den Anlegern nicht für selbst-verständlich erklärt werden.