Finanzielle Freiheit: Ein strategischer Blick auf Investitionen

Erschienen im Standard, am 6. März 2024

Das letzte Jahr war für viele Anlageklassen und Aktienmärkte ein durchweg positives. Renditen von über zehn Prozent und 20 Prozent waren durchaus erzielbar. Aber auch Anleihen sehen attraktiver aus, mit Renditen auf neuen 15-Jahres-Höchstständen.

Infolgedessen fühlen sich viele Anleger in Bezug auf die Bilanz ihrer Portfolios deutlich besser. Das ist sicherlich eine Möglichkeit, den finanziellen Fortschritt zu messen, und es ist eine wichtige. Aber während man Pläne für 2024 schmiedet, gibt es auch andere Parameter, die Aufmerksamkeit verdienen.

Vorsorge treffen
Investieren ist eine seltsame Praxis, die ihren Ursprung in einem Verzicht hat: Investieren bedeutet, jetzt kein Geld auszugeben, um später mehr Geld zu haben. Warum sollte man das tun? Eigentlich sollte die Frage lauten: Haben wir eine Wahl?

Sozialversicherung, Arbeitgeberpensionen und steuerliche Vorteile aus Anlageprodukten sollten das Ruhestandseinkommen ergänzen und nicht ersetzen. Die Zahl der Arbeitgeber, die attraktive Altersvorsorgepläne anbieten, nimmt ab. Und wenn Sie selbstständig oder Unternehmer sind, brauche ich Ihnen nicht zu sagen, dass Sie Ihren Lebensstil selbst finanzieren müssen, der wahrscheinlich noch Jahrzehnte anhalten wird, nachdem Sie aufgehört haben zu arbeiten.

Investieren birgt Risiken, nicht zu investieren birgt weitaus größere Risiken. Anstatt von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck auf der Stelle zu treten, können wir mit Veranlagungen Freiheit erlangen: sich ein Jahr frei zu nehmen, um zu verreisen, für den Kauf eines Autos oder eines Hauses nicht auf die Bank angewiesen zu sein, eine kostspielige Notfallsituation zu bewältigen oder Spenden an Bedürftige zu leisten, sind Möglichkeiten die Anleger haben.

Kosteneffizienz
Es kann zwischen aktiven und passiven (ETFs) Fonds unterschieden werden. ETFs sind günstiger und bringen zumeist eine bessere Rendite als aktive Fonds. Dennoch wird ein Großteil des Vermögens in aktive Fonds in Österreich investiert. Warum ist das so? Weil Banken mehr an aktiven Fonds verdienen und passive Fonds den Kunden zumeist erst gar nicht angeboten werden.

Ein typischer aktiver Fonds der in Österreich, wie andere Fonds, tausendfach angeboten wird, ist der JPM Global Divid EUR. Bei einer beispielhaften Anlage von 10.000 Euro machen die Gesamtkosten nach fünf Jahren (empfohlene Haltedauer) 2.388 Euro aus. Die Kosten wirken sich jährlich mit 3,3 Prozent aus.

Ein typischer passiver Fonds der in Österreich, wie andere Fonds, tausendfach angeboten wird, ist der Vanguard FTSE All-World UCITS ETF Accumulating. Bei einer beispielhaften Anlage von 10.000 Euro machen die Gesamtkosten nach fünf Jahren (empfohlene Haltedauer) 162 Euro aus. Die Kosten wirken sich jährlich mit 0,2 Prozent aus. Das ist ein Unterschied von 3,1 Prozent. Hinzu kommen noch die unterdurchschnittlichen Renditen (ca. ein bis drei Prozent), welche aktive Fonds erzielen.

Sparen
Im besten Fall sollte man weniger ausgeben, als man verdient, und wenn möglich einen prozentualen Anteil des Einkommens regelmäßig sparen und diesen Betrag laufend investieren. Wenn man noch im Berufsleben ist, sind die Ersparnisse eine weitere wichtige Messgröße. Man kann sich die Gesamtsparquote ansehen, und diese ist auch sehr wichtig. Man sollte sehr früh mit dem Investieren beginnen.

Investiert man 10.000 Euro, so wären diese nach 20 Jahren im Fall von acht Prozent Rendite 46.610 Euro. Nach 40 Jahren wären es 217.245 Euro. Wenn man dann noch etwa monatlich 300 Euro spart und diese zu acht Prozent Rendite investiert, so ergeben sich nach 20 Jahren 218.407 Euro und nach 40 Jahren 1.189.786 Euro (bei 10.000 Euro Startkapital). Zum Vergleich: Aus 10.000 Euro werden nach 40 Jahren bei drei Prozent Inflation weniger als 3.000 Euro (steuerliche Aspekte wurden aufgrund unterschiedlichster Möglichkeiten nicht berücksichtigt). Dies unterstreicht die Bedeutung des frühzeitigen und laufenden Investierens und der Geduld beim Warten auf die Früchte der Investition.

Immobilien und Anlageklassen
Da das Investieren nicht in der Schule gelehrt wird, glauben viele Menschen, es sei zu kompliziert, zu riskant oder zu abstrakt, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass gutes Investieren äußerst einfach und für praktisch jeden erreichbar ist. Infolgedessen kaufen viele Menschen ein Haus oder eine Wohnung und zahlen die Hypothek ab, ohne den Wert einer anderweitigen Investition zu erkennen. Der Artikel “Eigenheim in Österreich: Mieter steigen zumeist besser aus” erntete Kritik. Aber betrachtet man einen der erfolgreichsten Investoren unserer Zeit, zeigt sich, dass Investitionen zu Wohlhaben führt: Warren Buffett kaufte 1958 sein heutiges Haus in Omaha, Nebraska. Er zahlte 31.500 Dollar dafür. Sein Eigentum hat jetzt einen Wert von 700.000 US-Dollar. Aber wenn er seine 31.500 Dollar stattdessen an der Börse investiert hätte, wäre diese Investition heute mehr als 23 Millionen Dollar wert. Buffett kaufte keine Villen, sondern er investierte in nachhaltige Unternehmen. Der Grund, warum wohlhabende Menschen noch wohlhabender werden, ist, dass sie den Großteil ihrer Vermögenswerte nicht in den Mauern schlafen lassen. Sie investieren in Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe und Anleihen.

Steuereffizienz
Generell sollte niemals investiert werden nur um Steuern zu vermeiden. Instrumente wie Veranlagungsdarlehen, Lebensversicherungen und Immo-Projekte (Werbe-Slogan: “Dieses Haus können Sie abschreiben”) sind in erster Linie Instrumente, die es ermöglichen, Steuern zu vermeiden oder aufzuschieben. Viele Anleger, die Geld in sie investieren, haben kein brennendes Interesse daran, in diese Veranlagungen rational zu investieren. Sie sind von den Steuervorteilen so geblendet, dass sie dann die hohen Gebühren und die schlechten Renditen der zugrundeliegenden Anlagen übersehen. Es ist oft günstiger, nur die Steuer zu bezahlen (Prozessfinanzierer für Lebensversicherungen und magere Renditen auf Immobilien legen das nahe). Ich habe solche Veranlagungen immer wieder über die Jahre erlebt und auch aufgelöst. Steuerlich ist man in Österreich sehr eingeschränkt, wenn man als natürliche Person unbeschränkt steuerpflichtig ist. Es gab in Österreich in der Vergangenheit in vielen Bereichen (auch Stiftungen) immer wieder steuerliche Nachschärfungen. Dennoch gibt es hier immer noch Möglichkeiten, wie das die Gegenrechnung von Gewinnen und Verlusten.

Emotionen beeinflussen unsere Resultate
In manchen Ratgebern und Sachbüchern, die das Investieren an der Börse lehren, wird oft davon ausgegangen, dass Anleger mit den notwendigen Werkzeugen zur Unterscheidung vielversprechender Unternehmen ein Portfolio aufbauen können, das über die Jahre hinweg gut wächst. Doch Forscher haben gezeigt, dass unsere Emotionen und unser Verhalten weitaus mehr zu unserem Erfolg beitragen als der Wert eines börsennotierten Unternehmens. Die neuesten Studien zeigen auch, dass wir wahrscheinlich eher ärmer werden, wenn wir unsere Energie und Zeit auf die Suche nach Aktien verwenden, die uns reicher machen. Nur ein verschwindend kleiner Anteil von Aktien schafft den gesamten Wert des Marktes, während die restlichen 96 Prozent der Aktien keinen Wertbeitrag leisteten. Tatsächlich ist es vorteilhafter, den ganzen Heuhaufen zu kaufen, als seine Zeit mit der Suche nach der Nadel zu verschwenden. Was ich meine, ist der Kauf von Indexfonds. (Bernhard Führer, 6.3.2024)