Schweigen über Geld? Warum das Aufbrechen des Tabus so wichtig ist
Reden wir über Politik, Religion oder Beziehungsfragen – kein Problem. Aber beim Thema Geld wird es still. In vielen österreichischen Familien bleibt das Thema Finanzen ein blinder Fleck. Dabei betrifft es uns alle, täglich, ein Leben lang.
Es wird Zeit, mit der Scheu aufzuräumen. Nicht um Zahlen zu prahlen oder Schulden offenzulegen – sondern um Klarheit, Verständnis und Eigenverantwortung zu fördern.
Warum wir über Geld nicht reden – und warum das gefährlich ist
Die meisten Menschen lernen schon früh: Über Geld spricht man nicht. Es gilt als privat, heikel oder gar peinlich. Wer zu viel verdient, wirkt überheblich. Wer zu wenig hat, fühlt sich bloßgestellt. Diese kulturellen Muster sitzen tief – in Österreich genauso wie anderswo.
Hinter dem Schweigen steckt oft mehr als nur Höflichkeit: Scham, Angst, Überforderung. Viele vermeiden Gespräche über Geld, weil sie sich unsicher fühlen oder das Gefühl haben, zu versagen. Dabei ist genau dieses Schweigen ein Nährboden für finanzielle Missverständnisse, Beziehungsprobleme und Unwissenheit.
Was das konkret bedeutet:
- Paare streiten über Geld, ohne je ehrlich darüber gesprochen zu haben.
- Kinder wachsen auf, ohne zu lernen, wie man mit Geld sinnvoll umgeht.
- Frauen verdienen weniger – nicht nur, weil sie schlechter bezahlt werden, sondern auch, weil sie seltener Gehalt verhandeln.
- Finanzielle Fehlentscheidungen bleiben unbemerkt, weil niemand hinhört oder nachfragt.
Wie man die Mauer des Geldtabus durchbricht
Reden über Geld braucht Mut – aber es ist machbar. Wie bei jeder Fähigkeit hilft Übung, Geduld und die richtige Haltung. Hier einige erprobte Strategien, die helfen können:
1. Locker anfangen, nicht gleich mit dem Kontoauszug
Nicht jedes Gespräch muss mit dem Gehalt starten. Tauschen Sie sich über Alltagsfragen aus: Was kostet eigentlich ein Wocheneinkauf bei Ihnen? Wie organisieren andere ihre Ausgaben? So entsteht langsam Vertrauen – ohne Druck.
2. Klartext sprechen – nicht drumherumreden
Wenn es doch um größere Themen geht (z. B. bei Paaren oder Erbfragen), sagen Sie klar, wie es Ihnen geht. Welche Ängste, welche Ziele, welche Prioritäten Sie haben. Ehrlichkeit öffnet Türen – und senkt den Druck.
3. Zuhören statt Urteilen
Geld ist emotional. Jeder bringt seine eigene Geschichte mit: Erziehung, Erlebnisse, Erfolge und Niederlagen. Wer ernsthaft zuhört, anstatt zu bewerten, schafft Raum für echte Verständigung.
4. Persönliche Erfahrungen teilen
Erzählen Sie, wie Sie früher mit Geld umgegangen sind, was Sie gelernt haben – oder noch lernen möchten. Das zeigt Offenheit und macht es anderen leichter, sich ebenfalls zu öffnen.
5. Bei schwierigen Themen Hilfe holen
Manchmal lohnt sich ein Gespräch mit einer neutralen Person – etwa mit einem Finanzberater oder Mediator. Vor allem bei familiären Streitpunkten wie Erbschaften oder gemeinsamen Investitionen kann das viele Konflikte verhindern.
Finanzgespräche verändern mehr als nur das Konto
Wer lernt, über Geld zu sprechen, verändert mehr als nur sein Budget. Er verändert Beziehungen. Er gibt Kindern ein gesünderes Verhältnis zu Geld mit auf den Weg. Er stärkt seine eigene Unabhängigkeit – und hilft mit, dass Themen wie Altersarmut, Gender Pay Gap oder Finanzbildung endlich öffentlich diskutiert werden.
Offenheit schafft Bewusstsein. Und Bewusstsein ist der erste Schritt zur Veränderung.
Fazit: Reden ist Gold
Das Schweigen über Geld hat seinen Preis – gesellschaftlich, wirtschaftlich und persönlich. Wer das Tabu bricht, gewinnt: Klarheit, Selbstvertrauen und bessere Entscheidungen. Es geht nicht darum, alle Karten auf den Tisch zu legen, sondern darum, das Thema überhaupt auf den Tisch zu bringen.
Denn Geld ist kein Geheimnis – es ist ein Werkzeug. Und je besser wir darüber sprechen, desto besser können wir damit umgehen.



