Österreichs Vermögen: Wie ein Land so reich und doch so ungleich sein kann
In Österreich ist Reichtum nicht nur ein Privileg – er ist extrem ungleich verteilt. Während der Wohlstand wächst, konzentriert er sich in immer weniger Händen. Netzwerke der Superreichen, steuerliche Schlupflöcher und fehlende Transparenz verstärken diesen Trend – und bislang bremst nichts dagegen.
Wohlstand schrumpft – aber nicht für alle
Laut dem aktuellen Global Wealth Report der Boston Consulting Group (BCG) lag das Nettovermögen der Österreicher im Jahr 2023 bei 2,17 Billionen Euro – ein Rückgang von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Global hingegen legte das Nettovermögen um 4,4 Prozent zu. Die Ursache? Sinkende Immobilienpreise. Während das Finanzvermögen (Aktien, Konten, Bargeld) weitgehend stabil blieb, drückte der Immobilienmarkt die Bilanz nach unten. Doch dieser Rückgang trifft nur wenige: Die meisten Menschen spüren ihn kaum, denn sie verfügen ohnehin kaum über signifikante Vermögenswerte.
Extrem konzentriert – Österreichs Spitzenreiterrolle bei Vermögensungleichheit
Der Bericht zeigt: Etwa 400 Österreicher mit einem Vermögen über 100 Millionen US-Dollar – sogenannte Ultra High Net Worth Individuals – kontrollieren 37 Prozent des gesamten Finanzvermögens des Landes. Damit liegt Österreich weit über dem internationalen Schnitt: In Westeuropa liegt dieser Anteil bei 21 Prozent, weltweit bei lediglich 14 Prozent.
Weitere Studien bestätigen das Bild. Die OECD stellte 2024 fest: Kein anderes europäisches Land weist eine höhere Vermögenskonzentration auf. In Österreich besitzen die reichsten zehn Prozent mehr als die Hälfte des gesamten Haushaltsvermögens – konkret: 56 Prozent.
Erben, investieren, vernetzen – wie die Reichen reicher werden
Ein wesentlicher Grund für die Schieflage: Vermögen wird in Österreich vor allem vererbt. Gleichzeitig ist die steuerliche Belastung auf Kapital und Immobilien niedrig – Erbschaften bleiben sogar vollständig steuerfrei. Wer viel hat, kann viel investieren: Reiche legen ihr Kapital gezielt und risikobereit an – in Immobilien, Unternehmen und Finanzmärkte. Wer wenig besitzt, spart risikoarm oder gar nicht – und vermehrt sein Kapital entsprechend langsam.
Hinzu kommt ein strukturelles Ungleichgewicht: Superreiche sind untereinander eng vernetzt, wie eine Studie der Johannes-Kepler-Universität zeigt. In solchen exklusiven Kreisen entstehen Synergien – bei Investments, beim Informationsaustausch, bei politischen Kontakten. Das Problem: Diese Strukturen sind kaum einsehbar. Große Vermögen liegen häufig in Privatstiftungen, die der öffentlichen Kontrolle weitgehend entzogen sind. Diese Intransparenz erschwert nicht nur die Analyse – sie blockiert auch politische Reformen.
Ein möglicher Ausweg: Besteuern, was wirklich zählt
Die OECD plädiert für eine Neuausrichtung der Steuerpolitik. Erbschaften und Immobilien sollten künftig stärker besteuert werden – während der Faktor Arbeit entlastet wird. Denn ohne politisches Gegensteuern wird sich die Kluft laut BCG weiter vergrößern: Schon bis 2029 könnten die reichsten Österreicher fast 40 Prozent des Gesamtvermögens besitzen.



