Mythos Beständigkeit: Warum vergangene Fonds-Erfolge nichts über die Zukunft aussagen

Die Finanzindustrie lebt von Zahlen, Rankings und Sternen. Anleger wählen Fonds, die gut gelaufen sind. Berater zeigen Charts mit steilen Kurven und vergangenen Erfolgen. Und überall liest man: „Vergangene Wertentwicklungen sind keine Garantie für die Zukunft.“ Doch genau dieser Satz, oft als juristischer Disclaimer abgetan, ist der zentrale Punkt. Die harte Realität lautet: Fonds, die gestern überzeugt haben, sind morgen mit hoher Wahrscheinlichkeit unter den Verlierern.

Neue Daten und alte Forschung kommen zum selben Schluss: Die Wahrscheinlichkeit, dauerhaft einen Fonds mit überdurchschnittlicher Leistung zu finden – geschweige denn ihn gezielt auszuwählen –, ist verschwindend gering.

Fonds mit Vergangenheit – ohne Zukunft

Die aktuelle S&P Persistence Scorecard 2024 zeigt es schonungslos: Von den Top-Fonds 2020 – also den besten 25 % in ihrer Kategorie – konnte kein einziger seine Spitzenposition vier Jahre lang halten. Null. Selbst wenn man die Latte senkt und nur Fonds betrachtet, die „überdurchschnittlich“ waren (also besser als die Hälfte), bleibt das Bild düster: Nur 2,4 % der einstigen Überflieger blieben vier Jahre lang vorn. Wäre alles Zufall, läge diese Zahl bei etwa 6,25 %. Die Realität ist schlechter als der Zufall.

Der Trugschluss der kurzfristigen Exzellenz

Selbst kurzfristige Erfolge sind kein Indikator für künftige Outperformance. 2022 war für manche Fonds ein starkes Jahr – aber auch das verpuffte schnell:

  • Kein einziger Large-Cap-Fonds, der 2022 im obersten Viertel lag, blieb dort bis 2024.

  • Nur 9 % der Large-Cap-Fonds, die 2022 besser als der Median waren, schafften das auch im zweiten Folgejahr.

Das Muster ist klar: Fonds, die in einem Jahr glänzen, fallen oft im nächsten zurück – oder verschwinden gleich ganz vom Markt.

Wenn Alpha verdunstet

Das sagenumwobene „Alpha“ – also die Überrendite gegenüber dem Markt – zeigt sich genauso flüchtig wie die Fondsplatzierungen. Nur 8,3 % der Fonds, die 2022 ihre Benchmark schlugen, taten dies auch in den beiden Folgejahren. Im Vorjahr waren es noch 12,8 %. Auch das zeigt: Beständigkeit in der Überperformance ist äußerst selten – und sie nimmt sogar ab.

Langfristige Studien von Porter und Trifts bestätigen: Selbst Manager mit guter Frühphase verlieren mit zunehmender Amtszeit an Performance. Über viele Jahre hinweg zeigt sich oft das Gegenteil dessen, was viele hoffen: Je länger ein Manager im Amt, desto niedriger die Mehrrendite.

Warum Outperformance selten ist

Der Mangel an Konsistenz ist kein Zufall – er hat strukturelle Gründe:

  • Effiziente Märkte: In stark regulierten, liquiden Märkten wie den US-Aktien sind Kurschancen oft schon in Millisekunden ausgepreist. Wer denkt, er hat einen Informationsvorsprung, irrt meistens.

  • Regression zur Mitte: Gutes Abschneiden in einem Jahr wird oft durch schwächeres Abschneiden danach ausgeglichen. Ein statistisches Naturgesetz, das viele ignorieren.

  • Survivorship Bias: Fonds, die schlecht laufen, werden geschlossen oder fusioniert. Nur die „Überlebenden“ bleiben sichtbar – was zu einer verzerrten Wahrnehmung der Erfolgsraten führt.

Ein Jahrzehnt Underperformance – trotz Können

Besonders entlarvend: Die Simulationen von Kaplan und Kowara. Sie zeigten, dass selbst Fondsmanager mit echtem Können über viele Jahre hinter dem Markt zurückbleiben können – einfach, weil der Zufall und Marktzyklen ihnen im Weg stehen. Für Anleger bedeutet das: Selbst wenn man einen „guten“ Manager findet, ist Geduld keine Garantie auf Erfolg.

Das stille Verschwinden der Schwachen

Laut S&P wurden 25 % der Fonds im schlechtesten Quartil zwischen 2014 und 2019 entweder eingestellt oder fusioniert. Von den Top-Fonds im selben Zeitraum waren es nur 7 %. Die Folge: Die Statistiken sind geschönt – das Bild der „starken Performer“ bleibt erhalten, selbst wenn deren Performance längst abflacht.

Gibt es Ausnahmen? Ja – aber sie helfen kaum

Einige Studien – etwa von Cremers & Petajisto – weisen darauf hin, dass Fonds mit hohem Active Share (starke Abweichung von der Benchmark) mehr Potenzial zur Outperformance zeigen. Auch Fonds mit Fokus auf Small Caps oder niedrige Gebühren schnitten in manchen Phasen besser ab. Aber: Diese Ausnahmen sind selten, nicht konsistent – und helfen in der Praxis kaum weiter.

Selbst bei Anleihenfonds, wo etwas mehr Persistenz messbar ist (17 % im Investment-Grade-Segment), bleibt der Vorteil überschaubar – und wird durch die höheren Gebühren oft aufgefressen.

Was bedeutet das für Anleger?

1. Aufhören, der Vergangenheit hinterherzurennen

Rendite-Charts, Fonds-Rankings und Morningstar-Sterne sind kein Wegweiser, sondern ein Rückspiegel. Sie zeigen, was war, nicht was kommt.

2. Kosten zählen – alles andere ist Glück

Wenn echte Outperformance selten und unvorhersehbar ist, bleibt nur eines, worauf Anleger wirklich Einfluss haben: Gebühren senken. Wer weniger zahlt, behält mehr vom Ertrag – das ist kein Zufall, sondern Mathematik.

3. Indexfonds statt Wunschdenken

Indexfonds liefern zuverlässig den Marktdurchschnitt – ohne die Jagd nach Überrendite, ohne unnötige Komplexität und zu einem Bruchteil der Kosten.

4. Wer trotzdem auf aktive Fonds setzt, braucht ein dickes Fell

Die Chancen, den einen langfristig erfolgreichen Fondsmanager zu finden, sind extrem gering – und selbst wenn man ihn findet, liefert er möglicherweise erst in 15 Jahren. Oder gar nicht.

Fazit: Die harte Wahrheit

Die Investmentbranche verkauft Geschichten. Die Forschung liefert Daten. Und die sagen klar: Dauerhafte Outperformance ist die Ausnahme, nicht die Regel. Wer sich darauf verlässt, gewinnt höchstens im Lotto der Fondswelt – und verliert meist über hohe Gebühren und schwankende Leistungen.

Der bessere Weg: Kosten minimieren. Den Markt mitnehmen. Langfristig denken. Alles andere ist nur der Versuch, ein System zu schlagen, das Millionen Profis tagtäglich nicht schlagen können.

Oder wie ein erfahrener Fondsanalyst einmal sagte:
„Performance kommt und geht – Kosten bleiben.“