Grüne Investments im Dilemma: Versprechen vs. Realität

Nachhaltige Investmentfonds, oft als ESG-Fonds (Environmental, Social, Governance) bezeichnet, erfreuen sich in den letzten Jahren wachsender Beliebtheit. Investoren legen zunehmend Wert auf ethische, soziale und ökologische Kriterien bei ihren Anlageentscheidungen. Doch trotz des positiven Trends und der guten Absichten halten nachhaltige Investmentfonds nicht immer das was sie versprechen. Sei es, dass sie vorgeben nachhaltig zu sein, es jedoch nicht wirklich sind (Greenwashing) oder, dass diese unterdurchschnittliche Renditen erzielen. Dies wirft Fragen über die langfristige Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit solcher Fonds auf.

Deklarierung nachhaltiger Fonds

Nachhaltige Investmentfonds galten lange Zeit als Verkaufsschlager der Finanzbranche. In letzter Zeit sehen sich ESG-Portfolios jedoch mit zunehmendem Gegenwind konfrontiert, insbesondere aufgrund von Greenwashing-Vorwürfen. Dies zeigt sich nun deutlich in einem erheblichen Rückgang der Zahl neu aufgelegter ESG-Fonds durch die großen Marktakteure.

Dabei ist das Angebot an ESG-Fonds ist mit über 200 Produkt kaum überschaubar. Zur Orientierungshilfe bietet die Klassifizierung der EU-Kommission Hilfestellung, wonach Arikel-8-Fonds nachhaltige Aspekte in die Strategie der Fonds einbeziehen und Artikel 9 Fonds, strengere Kriterien im Hinblick auf ESG-Aspekte erfüllen müssen. Dabei hat sich die Anzahl der Artikel 9 Fonds von 10 auf derzeit sechs Fonds reduziert. Negativ fällt auf, dass es Fonds gibt, die nicht das halten was sie von sich geben. So wirbt der Aktienfonds „X-250 Welt-Aktien“ auf seiner Website die Einhaltung ökologischer und sozialer Kriterien. Eine nähere Prüfung offenbart jedoch, dass der Fonds in eine Reihe von Öl- und Gasunternehmen sowie Zulieferer der Rüstungsindustrie investiert. Zudem finden sich Unternehmen wie Nestlé im Portfolio, die durch Verstöße gegen den Artenschutz und potenzielle Gefährdungen indigener Völker entlang ihrer Lieferketten negativ auffallen. Nach geltendem EU-Recht sind die Praktiken und die Kommunikation des Fonds jedoch als zulässig einzustufen.

Hat man einen „wahren“ nachhaltigen Fonds gefunden, stellt sich die Frage der zukünftigen Entwicklung (Renditen).

 Entwicklung der Renditen nachhaltiger Fonds

Nach einer dreijährigen Begeisterung für Anlageprodukte mit Schwerpunkt auf Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsbelangen sank der Anteil neuer Fonds in den USA und Europa mit ESG-Namen laut einer Analyse von einem Höchststand von 8,3 % auf 3,3 % nach den vierteljährlichen Daten von Morningstar Direct. Laut Google Trends sind Online-Suchanfragen nach „ESG-Investitionen“ auf das Niveau von Mitte 2019 zurückgegangen.

Auch die Arbeiterkammer Wien hat während der vergangenen eineinhalb Jahre sämtliche nachhaltige Investmentfonds der größten Banken in Wien, Niederösterreich und Kärnten untersucht. Das Ergebnis war ernüchternd: Die meisten Banken sind in ihrer Performance weder authentisch noch transparent.

Anhand zweier Beispiele lassen sich die Charakteristika und Leistungen dieser Fondstypen veranschaulichen.

  1. Erste WWF Stock Environment

Der Fonds wurde von der AK OÖ mit einem sehr hohen Score im Hinblick ESG- Kritieren ausgezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Artikel 9 Aktienfonds.

  • Beispielanlage: 10.000 Euro
  • Empfohlene Haltedauer: 6 Jahre
  • Gesamtkosten nach 6 Jahren: 2.927 Euro
  • Jährliche Kostenbelastung: 2,5%
  • Rendite seit Jänner 2021 ca. -50 Prozent; Vergleich zum gesamten Markt: +35 Prozent
  1. Ethius Global Impact – Anteilklasse Privat
    Es handelt sich hierbei ebenso um einen Artikel 9 Aktienfonds, bei welchem die Renditen im Vergleich zum Gesamtmarkt hinter den Erwartungen zurück blieben.
  • Beispielanlage: 10.000 CHF
  • Empfohlene Haltedauer: 4 Jahre
  • Gesamtkosten nach 4 Jahren: 1.325 CHF
  • Jährliche Kostenbelastung: 3,1%
  • Rendite seit März 2021 ca. -0,8 Prozent; Vergleich zum gesamten Markt: +36 Prozent

Die Auswertungen zeigen, wenn man nicht seine „Hausaufgaben“ macht, kann man schnell auf den falschen Fuß erwischt werden.

Die Diskussion rund um Renditen nachhaltiger Fonds und ihre konventionellen Pendants ist nicht neu. Dennoch kann auf nachhaltige Fonds weiterer Gegenwind zukommen, und dies ist auf mehrere Faktoren zurückführen:

Sektorale Konzentration: Viele nachhaltige Fonds sind stark in Sektoren wie erneuerbare Energien, Technologie und Gesundheitswesen investiert, was den Handlungsspielraum eingeschränkt.

 Marktvolatilität: Die allgemeine Marktunsicherheit, bedingt durch geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Herausforderungen, hat die Aktienmärkte weltweit belastet. Nachhaltige Fonds, die oft weniger diversifiziert sind, könnten hierdurch stärker betroffen sein.

 Regulatorische Veränderungen: Strengere Vorschriften und Berichtspflichten im ESG-Bereich haben die Betriebskosten für nachhaltige Fonds erhöht. Dies könnte zu einer geringeren Netto-Rendite führen, da Kosten an Anleger weitergegeben werden können.

Vergleich von nachhaltigen und konventionellen Fonds

Einer der größten Vermögensverwalter ist BlackRock mit dem CEO Larry Fink an der Spitze. Nachdem er sich jahrelang dafür eingesetzt hat, dass Investmentfonds und Unternehmen Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren berücksichtigen, hat Larry Fink die Buchstaben aus seinem Wortschatz gestrichen.

Er versuchte, die Macht von BlackRock als Verwalter von Millionen von Investoren zu nutzen, um Unternehmen zu einer klimafreundlichen Politik zu bewegen und sie dazu zu drängen, die sozialen Auswirkungen ihrer Geschäfte offenzulegen. Er argumentierte lange, dass der weltweit größte Vermögensverwalter und seine Konkurrenten gleichzeitig Geld verdienen und die Welt zu einem besseren Ort machen könnten. Im Jahr 2024 erwähnt der Vorstandsvorsitzende die Abkürzung nicht mehr in öffentlichen Briefen und Kommentaren.

Ein weiterer Grund dafür, dass sich die ESG-Bewegung vor Herausforderungen steht, war, dass es den Fonds schwerfiel, den breiteren Markt zu übertreffen und zu zeigen, dass die gemachten Investitionen tatsächlich der Nachhaltigkeit zugutekamen. Laut Morningstar haben Anleger im vergangenen Jahr etwa 13 Milliarden US-Dollar oder etwa 4 % des Vermögens aus öffentlich gehandelten ESG-Fonds abgezogen. Das Angebot von BlackRock, überwiegend indexnachbildende ESG-Fonds, verzeichnete hingegen Zuflüsse (dies ist mit dem allgemeinen Trend in Richtung passiver Fonds zu erklären).

Trotz dieser aktuellen Performance-Probleme bleibt die Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen hoch. Blickt man auf breit gefächerte Indices wie den MSCI ACWI SRI Index, so waren diese durchaus in der Lage den breiten Markt zu schlagen. Andere nachhaltige Fonds wie der Erste WWF Stock Environment mussten in den letzten Jahren Rückschläge von annähernd 50 Prozent  hinnehmen – sehr zum Leidwesen der Anleger. Darüber hinaus kann der Fonds seit Auflage kaum mit der Inflation Schritt halten. Dies zeigt, dass die Bandbreite der zu erwartenden Renditen sehr groß ist.

Zukunftsaussichten

Während die kurzfristige Performance von nachhaltigen Investmentfonds enttäuschend sein mag, gibt es mehrere Gründe, optimistisch zu bleiben:

Langfristige Trends: Der Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und der Druck auf Unternehmen, ESG-Praktiken zu verbessern, dürfte langfristig positive Effekte auf die Performance nachhaltiger Fonds haben.

Innovationen und Technologien: Fortschritte in den Bereichen erneuerbare Energien, grüne Technologien und nachhaltige Praktiken könnten zu neuen Wachstumschancen führen.

Regulatorische Unterstützung: Die Europäische Union und nationale Regierungen unterstützen zunehmend nachhaltige Investitionen durch Anreize und Förderprogramme.

Fazit

Ich denke, die Debatte darüber, ob ESG-Investitionen höhere oder niedrigere Renditen als konventionelle Investitionen bringen, wird nie enden. Befürworter von ESG-Investitionen behaupten zwar oft, dass ESG-Investitionen höhere Renditen bringen, und widersprechen damit der Behauptung von Befürwortern konventioneller Investitionen, dass ESG-Investitionen zu niedrigeren Renditen führen sollten. Wahrer Kern des Problems dieser Debatte ist, dass Nachhaltigkeitskriterien erst über die letzten Jahre wirklich an Bedeutung gewannen und es für diesen „Faktor“ noch nicht lange zurückreichende Daten gibt, wie im Falle konventionelle Investitionen. Wollen Anleger sicherstellen, dass es sich um einen wahren nachhaltigen Fonds handelt, so können Artikel 9 Fonds ins Auge gefasst werden. Bei den aufgezeigten, obigen Renditen (teils -50% bei einem gleichzeigen Anstieg

des gesamten Marktes) sollten jedoch auch andere Kriterien in Erwägung gezogen werden, soll Nachhaltigkeit bei gleichzeitig akzeptablen Renditen erreicht werden. Trotz dieser Herausforderungen bleibt das langfristige Potenzial dieser Fonds vielversprechend, da der Trend zu nachhaltigem Investieren und die Unterstützung durch Regierungen und Gesellschaft weiter anhalten wird. Anleger sollten sich jedoch der Risiken bewusst sein, aber auch die Chancen langfristiger Nachhaltigkeit berücksichtigen.

Quellen:

Bettina Pfluger, Wie grün sind grüne Fonds? 21.11.2024, der Standard (print)

Nachhaltiges Veranlagen, Geldanlage mit mehr Lug als Betrug?

AK Studie zu nachhaltigen Investmentfonds

Why ESG might never recover, The Wall Street Journal , 24. März 2024

ESG Investing Loses Its Steam, The Wall Street Journal, 25 Marz 2024

BlackRock Retreats From ESG Following Pushback, The Wall Street Journal, 4 März 2024

Fondsriesen fahren Neuauflagen von ESG-Fonds stark zurück, FONDS professionell, 19.07.2024

Nachhaltige Fonds im AK-Check: Tatsächlich grün oder doch nur grünge­waschen?, AK OÖ. 7.11.2024